Corona lehrte uns Vorsicht und Dankbarkeit
Seit Februar 2020 sind nur gerade zwei Bewohnende im Haus Spalen an Covid-19 erkrankt. Ein Resultat von klaren Entscheiden sowie diszipliniertem Verhalten der Bewohnerschaft und den Betreuenden. Wie sind dankbar und haben viel gelernt.
Nadine Schärli - 1. März 2020
Nadine Schärli - 1. März 2020

Bild: Trotz Corona und Maskenpflicht - Der Garten bietet mit Pflanzen und Grillen ein erfülltes Freizeitleben.
Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, als eine Bewohnerin beim gemeinsamen Mittagessen auf einem Stockwerk plötzlich darüber sprach, wie sich dieses „Corona“ in Asien am Verbreiten sei und dass es ihr Angst bereite. Obwohl ich davon noch nichts gehört hatte, versuchte ich die Bewohnerin zu beruhigen und sie mit Worten zu trösten. Da ahnten wir noch nicht, dass es genau dieses Virus sein würde, welches unser Zusammenkommen im Haus Spalen so stark beeinflussen ja sogar beeinträchtigen würde. Ein paar wenige Wochen später war es dann soweit und wir mussten unsere Bewohnenden darauf hinweisen, dass sie sich lediglich noch zu fünft zusammen auf den Sitzplatz setzen dürfen. Wir stiessen dabei zuerst auf Unverständnis, Unmut aber auch auf grosse Sorgen bis hin zu Ängsten. Es fühlte sich an wie eine Welle, die auf uns zu kommt und wir versuchten unseren Blick sowohl auf die neuen Massnahmen wie auch auf die Gefühlslagen unserer Bewohnenden und letztlich auch auf unseren Glauben und die damit verbundene Hoffnung zu richten.
Plötzlich waren unsere Handlungen geprägt von „Hygienemasken“, „Stoffmasken“ oder doch „FFP2 Masken?“ Aber auch „Risikogruppen“, „Zuhause bleiben“, „Versammlungsverbot“, „Social distancing“, und sogenannte „erste“ oder eben auch „zweite Wellen“ bestimmten auf einmal unseren Alltag. Eines dieser Schlagwörter sorgte besonders für grosse Unsicherheit: die sogenannten „Risikogruppen“. Viele unserer Bewohnenden bereitete dieses Wort anfangs grosse Mühe, weil sie es sich aus ihren persönlichen Biografien teilweise leider gewohnt waren, als ein Risiko für die Gesellschaft zu gelten oder so betrachtet zu werden. Die Angst, jetzt wieder ausgegrenzt zu werden und die damit verbundenen Diskussionen waren Teil einer erlebten Stigmatisierung und dessen Spuren in den Köpfen und Herzen unserer Bewohnenden.
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Bild: Nicht nur für die Bewohnenden, auch Kader und Mitasrbeiterschaft müssen Masken tragen und Abstandsvorschriften einhalten. Auch wenn das unangenehm ist. Das gilt auch fürRoutinesitzungen. Sicherheit geht vor.
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Bild: Dieser Bierlager liefert Nachschub für den Haus-Kiosk.
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Erst mit der Zeit und auch dank dem hohen Mass an Empathie unserer Betreuenden konnte dieses Missverständnis ausgeräumt werden und unsere Bewohnenden fingen an zu verstehen, dass nicht sie ein Risiko darstellen, sondern das Virus für sie ein Risiko bergen kann. Mit dieser Erkenntnis stieg auch die Kooperationsbereitschaft ihrerseits gegenüber dem Einhalten der Schutzmassnahmen und der Akzeptanz von Angeboten unsererseits, wie den Einkäufen, welche nun von den Mitarbeitenden für die Bewohnenden erledigt wurden. Eine zentrale Veränderung umfasste auch das Einführen von Zigaretten und Bier Verkäufen im Haus Spalen. In kurzer Zeit wurde eine Art Kiosk im Haus Spalen installiert, welche ein gutes Dutzend verschiedene Zigarettensorten wie auch alkoholfreies und alkoholhaltiges Bier beinhaltete.
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Einiges kam neu dazu, anderes ist leider weggebrochen, wie beispielsweise unsere alljährlichen Bewohnerferien, zahlreiche Freizeitaktivitäten ausser Haus, unser Sommerfest aber auch sämtliche Gefässe wie Sitzungen mit dem gesamten Team, Supervisionen und Gottesdienste wurden aufgrund der Schutzmassnahmen gestrichen. Die grosse Herausforderung, sowohl auf der Bewohnenden wie auch auf der Mitarbeitenden Ebene umfasste nun trotz all der geforderten Distanz, die Nähe zueinander aufrecht zu erhalten. Dies funktionierte nur dank viel Kreativität, Spontanität aber auch Geduld und Verständnis füreinander, offenen Ohren und einer guten Portion Vertrauen und Mut. So gelang es uns, kleinere Weihnachtsfeste, stockwerkweise, zu organisieren, vermehrt Einzelaktivitäten zu gestalten, die teilweise fehlende Mimik durch auferbauende Worte zu ersetzen und letzten Endes eine Abdankung an der frischen Luft neben einer wärmenden Feuerschale zu organisieren.
Wir sind dankbar, dass unsere Bewohnenden viel Verständnis und Geduld aufbringen können, dass sie füreinander da sind und uns ihr Vertrauen schenken. Wir sind aber auch dankbar, dass unsere Mitarbeitenden sich so treu und kreativ für das ganze Haus engagieren, wir uns gegenseitig ermutigen und vor allem auch Zeit miteinander verbringen können. Wenn dieses Virus uns etwas gelernt hat, dann vielleicht noch mehr solche kleine, unscheinbare Anfänge und Schritte, welche wir gemeinsam gehen, zu schätzen. Es lehrt uns, geduldiger und aufmerksamer zu werden und dankbar dafür zu sein, dass wir auf allen Ebenen versorgt und niemals vergessen werden.
Für das Team der Mitarbeiterschaft, Nadine Schärli, Bereichsleitung Sozialtherapie. Bilder: Enrique Eslava
Wir sind dankbar, dass unsere Bewohnenden viel Verständnis und Geduld aufbringen können, dass sie füreinander da sind und uns ihr Vertrauen schenken. Wir sind aber auch dankbar, dass unsere Mitarbeitenden sich so treu und kreativ für das ganze Haus engagieren, wir uns gegenseitig ermutigen und vor allem auch Zeit miteinander verbringen können. Wenn dieses Virus uns etwas gelernt hat, dann vielleicht noch mehr solche kleine, unscheinbare Anfänge und Schritte, welche wir gemeinsam gehen, zu schätzen. Es lehrt uns, geduldiger und aufmerksamer zu werden und dankbar dafür zu sein, dass wir auf allen Ebenen versorgt und niemals vergessen werden.
Für das Team der Mitarbeiterschaft, Nadine Schärli, Bereichsleitung Sozialtherapie. Bilder: Enrique Eslava
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Ferienreise nach Süditalien
Neue Wege im Haus Spalen. Im August 2019 machten die Bewohnenden zum ersten Mal eine Ferienreise ins Ausland zum Meer. Reiseziel war Italien. Es ging nach Zambrone, weniger 50 Kilometer von Sizilien entfernt.
Reinhold Weiler - 15. Januar 2020
Reinhold Weiler - 15. Januar 2020
Nach einer intensiven Vorbereitungszeit war es endlich soweit: die Bewohnerferien in Zambrone starteten! Insgesamt reisten 14 unserer Bewohner und Bewohnerinnen mit und verbrachten gemeinsam eine Woche im Bella Italia! Somit erfüllte sich ein grosser Lebenstraum von vielen der Bewohnenden, wieder einmal ans Meer fahren zu können. Aber nicht nur das beinahe türkisblaue Wasser brachte die Herzen zum höher schlagen auch das italienische Essen gefiel den Bewohnern sehr. So machten sie sich auf um schöne Städtchen zu entdecken und genossen dabei die warmen Sonnenstrahlen, gute Gespräche und das gemütliche Flanieren welches sie teilweise in verborgene Ecken Italiens führte und sie sich davon abends beim gemeinsamen Abendessen von ihren Abenteuern erzählen konnten.
Auch die Bewohnerinnen welche tagsüber lieber das Ambiente der Hotelanlage, insbesondere der Poollandschaft genossen, stiessen abends wieder zur Gruppe zurück und berichteten von ihren Erlebnissen wie einem Schokoherz im Milchschaum eines leckeren Cappuccinos, welches der Barmann extra für sie hineingestreut habe und sie sich an solchen liebevollen Kleinigkeiten freuen konnten. Der Urlaub beinhaltete jedoch nicht nur gemütliches Kaffee trinken und Eis schlemmen, auch für Action war reichlich gesorgt. So mieteten unsere Leute für einen Tag Speed-Boote und stachen ins Meer auf und wurden zu Kapitänen und Entdeckern des Mittelmeeres. Es schien beinahe so als würden die Weite des Meeres und das viele gemeinsame Lachen dazu beitragen, dass etwas in den Bewohnern aufzublühen beginnt, was bereits in ihnen ist und im Alltag manchmal vergessen geht. So kam es, dass sich am Mittwochabend sechs der Bewohner dafür entschieden, sich im Meer taufen zu lassen. |
Zuhause wieder angekommen, sprühten die schönen Erinnerungen nur so aus ihnen heraus und irgendwie verteilte sich im ganzen Haus eine entspannte Ferienstimmung, so als wäre man beinahe dabei gewesen. Ich bin sehr dankbar, dass solche Ferien für unsere Bewohnenden initiiert und ermöglicht wurden. Ich glaube fest daran, dass solche Erlebnisse Mut schaffen, um auch in Zukunft an scheinbar Unmögliches zu glauben und das, im Vertrauen auf Gott, zu planen.